Persönliche Erklärung zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)
Mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben sich die Sicherheitsvoraussetzungen in Europa verändert. Der Angriff hat die europäische Friedensordnung schwer beschädigt und zwingt uns zu einer Überprüfung unserer Außen- und Sicherheitspolitik genauso wie unserer Wirtschafts- und Energiepolitik, auch unter geostrategischen Punkten. Unter diesen Voraussetzungen sehe ich es als meine Aufgabe, die Bundeswehr und den Katastrophen- und Zivilschutz dazu in die Lage zu versetzen, auf jeglichen Ernstfall vorbereitet zu sein.
Dazu gehört es, die angemessene Ausrüstung unserer Parlamentsarmee zu gewährleisten und unserer internationalen Bündnisverpflichtung nachzukommen. Gerade die osteuropäischen und baltischen Staaten fühlen sich massiv bedroht von Russland, ihnen gilt es auch langfristig zuverlässig beizustehen.
Unter Berücksichtigung dieser Gedanken stimme ich heute für die Änderung des Art. 87a des Grundgesetzes und damit für die Einrichtung eines Sondervermögens Bundeswehr.
Die Grundgesetzänderung muss einhergehen mit einer grundlegenden Revision des Beschaffungswesens. Trotz einem der größten Wehretats weltweit ist die Bundeswehr aufgrund von ineffizienten Beschaffungsstrukturen in weiten Teilen nicht einsatzfähig. Als Parlamentarier*innen werden wir die Ausgaben engmaschig kontrollieren. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass das Sondervermögen seinem Zweck, der Stärkung unserer Bündnis- & Verteidigungsfähigkeiten, im Rahmen sinnvoller Investitionen in die Ausrüstung zu Gute kommt und nicht nach industriepolitischen Interessen ausgegeben wird.
Ich stimme der Einrichtung des Sondervermögens zu mit dem dringenden Auftrag an die Bundesregierung, die finanziellen Spielräume für die fehlenden Investitionen in den Bevölkerungs- und Zivilschutz und die zivile Krisenprävention zu schaffen. In diesen Bereichen haben wir einen enormen Bedarf – sowohl durch die veränderte Sicherheitslage in Europa, als auch zur Vorbereitung auf Naturkatastrophen, die unweigerlich mit der Klimakrise einhergehen. Als Haushälterin werde ich mich dafür einsetzen, unsere Demokratie in allen Bereichen, nicht nur bei der militärischen Ausrüstung, resilient zu machen. Die Bundesregierung ist zudem angehalten, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben 1:1-Regel einzuhalten, die beim Anstieg der Militärausgaben die Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Diplomatie garantiert. Denn zu einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik gehört es, Krisen zu verhindern, bevor sie entstehen.
Die Finanzierungsspielräume für unsere Sicherheit dürfen nicht zulasten der Menschen mit geringen Einkommen und dem Kampf gegen die Klimakrise geschaffen werden. Die Abfederung der aktuellen Preisentwicklung, die den sozialen Frieden massiv gefährdet, benötigt neben Entlastungspaketen langfristige Investitionen. Auch der Umbau unserer Energieinfrastruktur braucht Milliarden. Zu einer resilienten Demokratie gehört es, diese Bereiche krisenfest zu machen.
Es ist Aufgabe der Koalition, die Finanzierung dieser zentralen Projekte ohne ideologische Scheuklappen zu klären. Die Instrumente dafür liegen auf der Hand: eine Übergewinnsteuer und die höhere Besteuerung besonders großer Vermögen ist ein Weg. Der andere ist die weitere Aussetzung und eine mittelfristige Reform der Schuldenbremse. Diese Instrumente müssen nun ohne Tabus von der Bundesregierung zur Bewältigung der Finanzierungslücke diskutiert werden.