Meine Rede zur Aufstellung im Münchner Süden

Liebe Freundinnen und Freunde,

gestern vor genau drei Jahren habe ich auf der grünen Wahlparty ständig meinen Browser aktualisiert, um zu sehen, ob gerade die CSU oder wir Grüne im Münchner Süden die Nase vorn haben. Vielleicht können sich manche von euch noch an diesen sehr spannenden Abend erinnern. Und dann war gegen Mitternacht klar: gemeinsam haben wir das erste grüne Direktmandat in Bayern gewonnen.

Danach durfte ich mein Mandat antreten und den Koalitionsvertrag für eine neue Regierung ausarbeiten – eine Regierung mit dem Versprechen, die Probleme nicht nur auszusitzen, sondern mit frischen Ideen anzupacken. Wir konnten seitdem einiges umsetzen, was vielen Wähler*innen in München wichtig ist:
– die Reform der Straßenverkehrsordnung
– der konsequente Ausbau der Erneuerbaren Energien
– das Kita-Qualitätsgesetz
– das neue Staatsangehörigkeitsrecht
– oder die Einsetzung eines Bürgerrats.

Darauf können wir mächtig stolz sein. Denn ohne uns Grüne hätte es diese Erfolge nicht gegeben.

Aber wenn wir ehrlich sind, ist von dieser Aufbruchstimmung wenig übrig geblieben. Wir hatten in der Regierung anfangs einen neuen Stil verabredet. Ohne Durchstechereien und Nachtsitzungen. Heute haben nicht nur Durchstechereien und Nachtsitzungen, sondern auch sehr viel destruktiven Streit. Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat für viel Verunsicherung und neue politische Probleme gesorgt. Wir Grüne sind an vielen Stellen zum Feindbild geworden. Kurzum: es könnte eine einfachere Ausgangslage für die Bundestagswahl geben. Die Aufgabe, für die ich antrete: dass wir hier in 4 Jahren stehen und zufriedener auf die letzte Legislaturperiode schauen können als heute.

Damit das gelingt, brauchen wir nicht nur eine bessere Kommunikation. Wir brauchen vor allem überzeugende Inhalte und eine Strategie, um wieder zu begeistern. Und um die zu entwickeln, braucht es eine schonungslose Analyse. Dazu drei Gedanken:

1. Veränderungsmüdigkeit
Weil wir die Probleme mit mutigen Reformen anpacken wollen und uns das von vielen anderen Parteien unterscheidet, sind wir selbst zur Zielscheibe geworden. Weil wir als Grüne für Veränderungen stehen, arbeiten sich die fossile Lobby und kremlgesteuerte Social Media Trolle an uns ab. Das ist erfolgreich, weil viele Menschen in diesen Zeiten Angst vor Veränderungen haben. Auch vor denen, die für mehr Sicherheit notwendig sind.

2. die Parteibindung hat abgenommen. Algorithmen in den Sozialen Medien bevorteilen emotionale Zuspitzung statt sachliche Inhalte Kurzum: es ist einfacher geworden, affektgetriebene politische Kommunikation zu machen. Und das machen sich unsere politischen Gegner zu Nutze.

3.Wir haben die Deutungshoheit verloren: Was wir wollen, definiert nicht wie wir wahrgenommen werden wenn nur ein kleiner Teil von dem stimmen würde von dem, was sich über uns erzählt wird, dann würden wir diese Partei vermutlich selbst nicht wählen. Dabei wollen wir ja die Probleme schon lösen, bevor sie überhaupt entstehen.

Wer hat denn darauf hingewiesen
– dass man sich nicht von Diktatoren für Energieversorgung abhängig machen darf
– dass die Autoindustrie frühzeitig auf Zukunftstechnologien setzen muss, um Wohlstand durch Klimaschutz voranzubringen?
– wer steht denn für faire Lieferketten, restriktive Rüstungskontrolle und globale Gerechtigkeit ein?
– also eine Welt, in der Menschen gar nicht erst nach Europa fliehen müssen für ein besseres Leben?

Das sind wir. Denn es ist nicht die Existenz der Grünen, sondern der Mangel an grüner Politik, der uns viele Probleme erst beschert hat, liebe Freundinnen und Freunde!

Und damit komme ich schon zu den Antworten, die es jetzt braucht.
1.Wir brauchen mehr Grünes Selbstbewusstsein:
Die Aufgabe von Politik ist nicht erst fragen, was hält der politische Gegner davon? Sondern was ist die richtige Lösung?
Wir müssen wieder stolz darauf sein, dass wir nicht die einfachsten Antworten präsentieren, sondern, die die funktionieren. Wir sind die Partei, die den Menschen keinen Mist erzählt, sondern ehrliche Lösungen anbietet. Hier lassen die anderen Parteien eine große Lücke im Parteiensystem, die es zu füllen gilt. Die einen verbreiten Angst, wir geben Hoffnung.

2. Glaubwürdigkeit ist die wichtigste Währung in der Politik
Das heißt nicht, dass man seine Meinung nicht mal ändern kann: Neue Herausforderungen brauchen manchmal neue Antworten. Das haben wir doch als Partei mehrheitlich eingesehen, wenn es um die militärische Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine geht. Das heißt auch nicht, dass man keine Kompromisse machen darf. Aber die Antworten müssen sich an den realen Herausforderungen und unserem Wertekompass orientieren und nicht an der Stimmungsmache von anderen.

3. Nahbarkeit
Ich habe als Abgeordnete eines gelernt: Die meisten Menschen wünschen sich Politiker, mit denen sie ehrliche Gespräche über ihre Probleme führen können. Ich habe als Abgeordnete Haustürbesuche in Vierteln mit starkem Nichtwähler Anteil gemacht. ich hab in meinem Wahlkreisbüro zahlreiche Bürgersprechstunden gemacht. etwa 2000 Menschen aus dem Wahlkreis habe ich im Rahmen von Bildungsfahrten im Bundestag empfangen. Und ich habe immer wieder gemerkt: die Menschen wollen, dass man ihnen hilft, für ihre Interessen einzustehen und Alltagsprobleme zu lösen. Nicht immer mit Gesetzesentwürfen oder Haushaltsbeschlüssen, manchmal auch einfach mit Emails an das Sozialbürgerhaus oder einem Kontakt zum zuständigen Bezirksausschuss. Wir sollten den Menschen bei praktischen Alltagsproblemen zur Seite zu stehen.

Aber auch im Parlament konnte ich einiges für die Bürgerinnen und Bürger Münchens erreichen.
– ich habe mich dafür eingesetzt, dass das Elterngeld mehr Familien zur Verfügung steht als im Regierungsentwurf vorgesehen
– dass Schulsozialarbeit weiter ausgebaut werden kann
– dass Integrationskurse auskömmlich finanziert werden
– und dass die Ausstellung “How to catch a Nazi” in München über 30 000 Besucher*innen gezeigt werden konnte
– dass Künstler*innen vom Obersendlinger Kunstraum Platform die Bundesrepublik Deutschland bei der Bienale in Südkorea vertreten konnten

Besonders stolz bin ich darauf, dass ich die Förderung der Seenotrettung im Bundeshaushalt gegen den Widerstand von Olaf Scholz persönlich durchgeboxt habe.

Ich habe in den letzten Jahren eines gelernt: mit einer klaren Haltung und einer pragmatischen Prioritätensetzung, kann man auch mit schwierigen Mehrheitsverhältnissen viel erreichen. Das motiviert mich, mit euch gemeinsam das Beste aus der nächsten Legislaturperiode zu machen.

Dafür bitte ich euch, um eure Unterstützung. Vielen Dank.

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