Vom 26. bis 28. Juni war ich mit unserer Außenministerin Annalena Baerbock in Südafrika.
Als Berichterstatterin für die deutsch-südafrikanischen Beziehungen im Auswärtigen Ausschuss bin ich sehr froh, dass wir die Beziehungen zu Südafrika intensivieren. Südafrika hat derzeit den Vorsitz der BRICS-Staaten inne (Bündnis der „aufstrebenden Volkswirtschaften“) und bündelt im Rahmen der Vereinten Nationen die Interessen der afrikanischen Länder zu globalen Herausforderungen (z.B. in der Pandemie hat sich Südafrika stets für die Freigabe der Patente für den Impfstoff eingesetzt).
Im Fokus der Reise stand zum Einen der Umgang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und seinen Folgen für den afrikanischen Kontinent, beispielsweise hinsichtlich der Getreidelieferungen. Außerdem ging es um die Zusammenarbeit bei der Energiewende und bei sozialen Herausforderungen wie Bildung, Gesundheitspolitik und Korruptionsbekämpfung.
Gespräche über Außen- und Sicherheitspolitik
Durch die Mitgliedschaft im Internationalen Strafgerichtshof und ihre selbstgesteckten Ziele in der Außenpolitik ist Südafrika wichtiger Partner für Verteidigung des Völkerrechts und der regelbasierten Ordnung. Gleichzeitig hat Südafrika sich leider bei den Resolutionen zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs in den Vereinten Nationen „neutral“ positioniert. In den Gesprächen hat das die Außenministerin Pandor gerechtfertigt mit dem Hinweis auf die historische Verbundenheit zu Russland. Die Sowjetunion unterstützte in den 1980ern die Freiheitskämpfer bei der Abschaffung des Apartheidsregimes, während westliche Staaten, auch die alte Bundesrepublik, als vermeintliches „Bollwerk gegen den Weltkommunismus“ das menschenverachtende Apartheidsregime politisch, wirtschaftlich und militärisch stabilisierte. Die DDR verurteilte hingegen offiziell die Apartheid-Politik und unterstützte Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika finanziell und bildete über 1.000 Widerstandskämpfer*innen militärisch aus. Ich bin sehr froh, dass Annalena Baerbock in den Gesprächen deutlich machte, dass die Bundesrepublik damals auf der falschen Seite der Geschichte stand. Umgekehrt rührt daher natürlich auch die Erwartung, dass sich Südafrika – das Land Nelson Mandelas – auch heute auf die Seite der Angegriffenen stellt.
Kürzlich haben der Staatspräsident Rhamaposa und Außenministerin Pandor Kiew besucht und sich in Butscha mit den Kriegsverbrechen auseinandergesetzt, die sie nun auch als solche anerkennen. Diese Reise scheint sich bereits ausgewirkt zu haben auf die Positionierung der südafrikanischen Regierung. Beide sprachen auch in den Gesprächen auf der Reise stets von einem „Krieg“ und von „Kriegsverbrechen“ und haben zugesichert, ihre Kanäle nach Russland verstärkt nutzen zu wollen, um die Aggression zu beenden. Dazu passt, dass Südafrika eine Friedensinitiative zur Beendigung des Krieges gestartet und zu Friedensverhandlungen aufgerufen hat. Wir haben diese Initiative begrüßt.
Vor der Reise war unklar, wie Südafrika als Mitglied des Römischen Statuts mit dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin umgeht, wenn dieser der Einladung auf den BRICS-Gipfel in Südafrika folgt. Südafrika wäre als Signatarstaat des Statuts von Rom sowie aufgrund seiner nationalen Gesetzgebung und Rechtsprechung grundsätzlich verpflichtet, Staatspräsident Putin im Falle seiner Einreise in südafrikanisches Staatsgebiet der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofes zu übergeben. In unseren Gesprächen sagten uns sowohl Wissenschaftler*innen, als auch Diplomat*innen, dass Südafrika nicht von der Verpflichtung abrücken würde, den Haftbefehl zu vollstrecken. Durch den Aufstand der Wagner-Söldner wird Putin aber ohnehin davon abrücken für den BRICS-Gipfel das russische Staatsgebiet zu verlassen.
Weitere Themen: Energiewende, sozialer Zusammenhalt und Korruptionsbekämpfung
Im Fokus der bilateralen Zusammenarbeit steht die Unterstützung bei der Energietransition (Kohleausstieg und Just Energy Transition Partnership, JETP) sowie bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen (Reform der beruflichen Bildung, Errichtung eigenständiger Vakzin-Produktion in Südafrika). Weitere Schwerpunkte betreffen die Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung und Wissenschaft, Kultur und Bildung sowie Wirtschaft. Deutschland ist ein wichtiger Entwicklungspartner Südafrikas.
Insbesondere beim Ausbau der Erneuerbaren Energien kooperieren wir und legen in dieser Bundesregierung einen Schwerpunkt bei Fördergeldern. Die Energiewende ist in Südafrika ein wichtiges soziales Thema, da die Stromversorgung insbesondere in vielen ärmeren Teilen des Landes nicht gewährleistet ist, aber mit Solarzellen und Batterien viel besser gewährleistet werden könnte.
Wir besuchten gemeinsam die deutsche Schule Pretoria, eine der drei deutschen Schule in Südafrika. Dort werden 750 Schüler*innen unterrichtet, über 60% bekommen das Schulgeld ganz oder teilweise erstattet. Das ermöglicht vielen Schüler*innen aus den Townships den Weg zu einem international anerkannten Abitur mit Zugängen zu deutschen und anderen internationalen Universitäten. Wir wollen im Anschluss an die Reise die Kapazitäten und sozialen Stipendien an diesen Schulen noch ausbauen.
Zudem haben wir viele Gespräche mit der Zivilgesellschaft geführt über Korruptionsbekämpfung. In der Ära des ehemaligen Staatspräsidenten Zuma grassierte ein Maß an Korruption, das Südafrika und seine Wirtschaft um Jahrzehnte zurückgeworfen und eine Atmosphäre der Straflosigkeit geschaffen hat, die die gesamte staatliche Verwaltung stark beschädigte. Auch heute noch sind die Auswirkungen des „state capture“ überall spürbar. Darum ging es in den Gesprächen mit der Regierung, aber vor allem auch mit der kritischen Zivilgesellschaft darum, wie wir die Aufarbeitung und den Schutz von Whistleblower*innen und Korruptionsbekämpfenden NGOs unterstützen können.
Ich reise zurück mit vielen neuen Eindrücken. Wie immer, wäre ich gern noch viel länger geblieben. Aber es gilt natürlich nun auch, diese Eindrücke in konkrete politische Maßnahmen zu übersetzen und zu implementieren. Auch dafür muss man sich die Zeit nehmen. Denn klar ist auch: gerade für die wichtigen Internationalen Projekte müssen wir im Rahmen der nun stattfindenden Haushaltsdebatten noch hart kämpfen.