Die Debatte um den Inflation Reduction Act der USA

Wenn Politiker*innen in ihren Wahlkreisen unterwegs sind, sprechen sie gerne über den neuen Hightech-Studiengang an der lokalen Uni. Sie stellen Arbeitsplätze in Aussicht, die bald im neuen Windpark entstehen, besuchen das mittelständische Unternehmen, das die eigenen Produktionsprozesse CO2-arm ausrichten möchte. Diese guten Pläne haben eins gemeinsam: sie kosten viel Geld. Eine klimaneutrale Wirtschaft und die grüne Transformation unserer Industrien benötigen große Investitionen.

In diesen Tagen wird deshalb, manchmal mit Sorge, manchmal mit Optimismus, die europäische Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA diskutiert. Mit dem IRA nimmt die amerikanische Regierung rund 370 Milliarden Dollar vor allem in Form von Subventionen in die Hand, um die heimische Industrie klimaneutral umzubauen. Das ist ein Grund zur Freude, nicht zum Meckern, denn mit diesem Schritt bemühen sich nun auch endlich die USA, ihre Pariser Zusagen einzuhalten.

Die Europäische Kommission hat letzte Woche einen Vorschlag vorgelegt, mit dem sie das Momentum aus den USA für eine industriepolitische europäische Antwort nutzen möchte. Und glücklicherweise sind sich die meisten Mitgliedsstaaten einig: Um unsere Klimaziele einzuhalten müssen wir viel Geld in die Hand nehmen. Der Vorschlag der Kommission nennt im Grunde zwei fiskalpolitische Hebel:

1. Sie möchte die so genannten Beihilferegelungen, also die Regeln über Höhe und Zeitraum staatlicher Subventionen, für eine kurze Zeit und explizit für grüne Investitionen flexibilisieren. So können Staaten, am besten länderübergreifend, zum Beispiel durch steuerliche Anreize Unternehmen Investitionen in den Umbau auf klimaneutrale Produktionsprozesse oder in die eigene Energieeffizienz ermöglichen.

2. Ohne Gegenmaßnahmen fürchtet die Kommission zurecht, dass die Lockerung der Beihilferegelungen vor allem finanzstarken Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Frankreich zugutekommen würde. Sie schlägt deshalb vor, mithilfe gemeinsamer EU-Gelder auch kleinere Volkswirtschaften zu Investitionen zu befähigen. Das geht zum einen mit der Umschichtung bestehender Töpfe – ein guter erster Schritt – und in einem zweiten mit der Schaffung eines neuen explizit auf die grüne Transformation der Wirtschaft ausgerichteten Topfes. Die Kommission schlägt dafür einen Souveränitätsfonds vor.

Klar ist: Klimaschutz, die grüne Transformation und damit gute Arbeitsplätze und ein nachhaltiger Wohlstand müssen uns das Geld wert sein. Gemeinsame EU-Gelder, wie ein europäischer Souveränitätsfonds, dürfen deshalb kein Tabu sein. Deutschland muss sich auf europäischer Ebene konstruktiv dafür einsetzen, dass die notwendigen finanziellen Mittel für den klimaneutralen Umbau unserer Industrien zur Verfügung stehen.

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