Filmvorführung „Der vermessene Mensch“

Neben den aktuellen außenpolitischen Geschehnissen, auf die man als Außenpolitiker*in reagieren muss, habe ich im Auswärtigen Ausschuss auch sogenannte Berichterstattungen. Das sind die Themen, für die ich innerhalb der Grünen Fraktion verantwortlich bin.

In meinem Fall sind das unter anderem das Zentrale und das Südliche Afrika. Ein Schwerpunkt hierbei ist die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte und -verbrechen in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika. Dort beging das Deutsche Reich vor allem zwischen 1904 und 1908 einen Völkermord, bei dem bis zu 60.000 Herero und 10.000 Nama ermordet wurden. Tausende weitere Menschen wurden vertrieben, vergewaltigt, in Konzentrationslagern eingesperrt, gefoltert und versklavt.

Als Fraktion arbeiten wir gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt an einem namibisch-deutschen Versöhnungsprozess. Ein entsprechendes Versöhnungsabkommen, das die letzte Bundesregierung bereits aufgesetzt hat, wird gerade weiter verhandelt. Die Hinterbliebenen der getöteten Herero und Nama kritisieren vor allem, dass sie in den Prozess nicht genug einbezogen wurden. Das versuchen wir zu ändern, indem wir uns regelmäßig mit Betroffenengruppen und der Zivilgesellschaft treffen – in Berlin und in Namibia, wo ich im Dezember letzten Jahres mit unserem Wirtschaftsminister Robert Habeck und unserer Staatsministerin Katja Keul hinreisen durfte.

Zusätzlich zu dem Abkommen wollen wir aber auch auf vielen anderen Ebenen an der Aufarbeitung der deutschen Verbrechen und einer gemeinsamen Zukunft arbeiten. Wir wollen endlich die Gebeine namibischer Menschen, die immer noch in deutschen Museen liegen, zurück in das Land bringen. Wir wollen den Kultur-, Bildungs-, Jugend- und Wissenschaftsaustausch fördern und setzen und für Visa-Erleichterungen ein. Und vor allem: wir wollen an unserer Erinnerungskultur arbeiten. Das bedeutet zum Beispiel, in Erinnerungsorte und -aktionen in Deutschland und in Namibia zu investieren und den Völkermord in unseren Schulbüchern zu thematisieren.

Im Zuge der Aufarbeitung gibt es seit März den Film „Der Vermessene Mensch“, der als erster deutscher Film die Kolonialverbrechen in Namibia thematisiert. Unsere Grüne Fraktion hat ein Screening veranstaltet und den Film kurz vor Kinobeginn im Bundestag gezeigt. Dazu war auch die Hauptdarstellerin Girley Jazama eingeladen, die selbst Herero und Ururenkelin der damaligen Opfer ist. Ihre Worte haben mich an diesem Abend besonders berührt: „Die Generationen vor uns sind sich mit Hass, dann mit Schweigen begegnet. Wir können es besser machen und uns der Geschichte stellen. Darauf können wir eine bessere Welt bauen.“ Deshalb ist es so wichtig, dass wir das Geschehene nicht totschweigen, sondern die Geschichte und die Verbrechen in Deutschland aufarbeiten. Der Film ist ein guter Anfang dieses Prozesses, um das Thema in der breiten Öffentlichkeit vorzustellen.

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