von Anna Cavazzini, Anton Hofreiter & Jamila Schäfer
Der Amazonas ist ein zentrales Element des globalen Ökosystems. Der Erhalt des Regenwaldes ist für die Biodiversität und die Bekämpfung des Klimawandels weltweit von fundamentaler Bedeutung. Dennoch stieg die Zahl der Brände im brasilianischen Amazonas-Regenwald im Juni 2020 um 20% auf ein 13-Jahres-Hoch. Die Entwaldung ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 um 34% gestiegen. Seit Jahresanfang wurden bereits 6.032 km2 entwaldet.i Die Entwaldung geht mit massiven Menschenrechtsverletzungen gegenüber der indigenen Bevölkerung einher und zieht einen epochalen Schaden für das Weltklima nach sich.
Seit Jair Bolsonaros Amtsantritt im Januar 2019 verschlechtert sich die Situation im Amazonas- Regenwald und auch im Cerrado zusehends. Amnestien für illegalen Holzschlag, die Öffnung von Schutzgebieten und indigenen Territorien für die Rohstoffindustrie und Kürzung von Umweltschutzbudgets gehen Hand in Hand mit Repression von Behördenmitarbeiter*innen und gezielter Fehlinformation nach außen.
Wir Europäer*innen sind hierbei keine unbeteiligten Zuschauer*innen: Rund ein Fünftel (18 bis 22 %) der brasilianischen Soja- und Rindfleischexporte in die Europäische Union stammen von zuvor illegal gerodeten Waldflächen. Die laufenden Verhandlungen für das EU-Mercosur-Abkommen sollen die Agrarexporte aus Brasilien in die EU noch zusätzlich steigern.
Angesichts der desaströsen Lage fordern wir von der Bundesregierung während der deutschen EU- Ratspräsidentschaft:
Den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens zu stoppen. Freihandelsabkommen müssen zwingend an den Erhalt der Wälder und ökologische Kriterien, die Einhaltung von Menschenrechten und die Erfüllung des Pariser Klimaabkommens geknüpft werden.
Einen Importstopp von Agrarprodukten aus gerodeten Gebieten des Amazonas wie beispielsweise Soja und Rindfleisch, sowie von Tieren die mit Raubbausoja gefüttert wurden. Der Abbau des brasilianischen Rechtsrahmens zum Schutz der Wälder und der Menschenrechte macht es unmöglich, zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Gütern zu unterscheiden. Bis ein robuster Schutzrahmen wiederhergestellt ist, könnte für sensible Importe aus Brasilien, das heißt für Produkte, die potentiell im Zusammenhang mit der Zerstörung von Waldflächen stehen, eine Beweislastumkehr eingeführt werden. Damit werden Güter an der EU Grenze gestoppt, für die die Importeure nicht stichhaltig belegen können, dass sie entwaldungsfrei erwirtschaftet wurden.
- Gesetzliche Regelungen für entwaldungsfreie Lieferketten. Die Verantwortung für die Kontrolle muss bei den großen Handelsunternehmen liegen, mit verbindlichen und durchgesetzten Sorgfaltspflichten in der Lieferkette und der Haftung.
- Die vollständige Umsetzung und konsequente Durchsetzung der EU-Holzhandelsverordnung (d.h. Durchführung von Kontrollen bei Marktteilnehmern, Händlern und Überwachungsorganisationen, gegebenenfalls Verhängung von Sanktionen), um den Import von illegal gerodetem Holz zu verhindern. Dabei müssen alle Holzproduktgruppen erfasst werden.
- Sofortmaßnahmen für den Klimaschutz in Deutschland zu beschließen, um unsere Verpflichtungen nach dem Paris-Abkommen einzuhalten. Damit verleihen wir der Forderung, den Regenwald im Interesse des Klimas zu schützen, die notwendige Glaubwürdigkeit.
- In der öffentlichen Beschaffung mit gutem Beispiel voran zu gehen und nur noch Produkte aus nachweislich entwaldungsfreien Lieferketten einzukaufen.
- Die Fütterung europäischer Nutztiere mit einheimischen Alternativen zu importiertem Soja voranzutreiben und die Massentierhaltung schrittweise zu einer flächengebundenen Tierhaltung abzuschaffen.
- Zivilgesellschaftliche Organisationen und Indigene, die den Wald schützen und Waldzerstörung melden, direkt und zielgerichtet zu unterstützen.
- Die Zahlungen an den Amazonienfonds nur unter strenger Konditionalisierung wieder aufzunehmen, um damit die Zivilgesellschaft, Indigene und jene Vorhaben, die wirklich zum Waldschutz beitragen, zu fördern und nichts was kontraproduktiv wirkt.