Gegen Covid gewinnen wir nur gemeinsam

Wir brauchen eine globale Impfstrategie

von Agnieszka Brugger, Anna Cavazzini, Pegah Edalatian & Jamila Schäfer

Bericht zum Papier in der Taz.

Während sich die Regierungsparteien in der Großen Koalition in verfrühter Wahlkampfmanier gegenseitig die Schuld an den Problemen beim Impfen zuschieben, leiden die Menschen hierzulande und der ganzen Welt unter der Corona-Pandemie. Statt politscher Spielchen brauchen wir eine globale Kraftanstrengung, um diese schwere Krise gemeinsam und solidarisch zu schultern. Das wirksamste Mittel zur Eindämmung der Pandemie ist ein sicherer, wirksamer Impfstoff, der zügig und gerecht verteilt wird.

Jeder Mensch hat ein Recht auf einen sicheren und wirksamen Corona-Impfstoff. Er sollte zu einem globalen öffentlichen Gut erklärt werden. Erst wenn ein Großteil der Weltbevölkerung geimpft ist, ist die Pandemie besiegt. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass der Impfstoff, Testmaterialien und wichtige Medikamente überall dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Deshalb haben sich im Rahmen der COVAX-Initiative 190 verschiedene Staaten für eine global gerechte Verteilung überlebenswichtiger Medikamente gegen Corona ausgesprochen. Darunter auch Deutschland. Alle EU Staaten haben erklärt, die Initiative auch finanziell zu unterstützen. Bis kurz vor Jahresende wurde das Versprechen, COVAX Impfstoffe solidarisch zu verteilen und ärmere Länder beim Ankauf zu unterstützen, nur bedingt eingehalten. Zum Glück gab es gerade in den letzten Wochen noch einmal deutliche Bewegung und weitere finanzielle Zusagen. Trotzdem wird es entscheidend sein, dass alle reicheren Industriestaaten ihre Zusagen einhalten, sich zu ihrer globalen Verantwortung bekennen und Impfungen in den ärmsten Staaten der Welt so schnell wie möglich beginnen.

Denn nur so wird es uns gelingen, die globale Pandemie tatsächlich hinter uns zu lassen. In vielen ärmeren Ländern sind die öffentlichen Gesundheitssysteme an der Belastungsgrenze oder bereits zusammengebrochen. Besonders dort, wo wenig Zugang zu hygienischer Versorgung, staatlicher Unterstützung und einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung besteht, trifft die Pandemie die Menschen mit voller Wucht und Härte.

Auch die sozioökonomischen Auswirkungen sind in den Ländern am höchsten, die auch vor der Krise schon am ärmsten waren. Dies zeigt eine Weltbankstudie. Die indirekten Gesundheitsauswirkungen sind zudem zusätzlich verheerend: Impfungen und Maßnahmen gegen andere lebensbedrohliche Krankheiten finden nicht mehr in dem gleichen Maße statt, was insbesondere in Ländern mit schwacher Gesundheitsinfrastruktur die Ausbreitung von anderen Infektionskrankheiten wie AIDS oder Tuberkulose massiv verstärkt. Viele Patient*innen können auf Grund überlasteter Gesundheitssysteme nicht an lebenswichtige Medikamenten kommen.

Um Covid-19 und der Wiederausbreitung anderer Infektionskrankheiten wirksam entgegenzutreten, braucht es eine flächendeckende Produktion und an den Bedarfen orientierte Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen.

Einige Unternehmen haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, diese flächendeckende Produktion und faire Verteilung zu unterstützen und ihre Verantwortung in dieser Situation ernst zu nehmen. Damit das aber gelingen kann, braucht es mehr politische Anstrengungen auf der internationalen Ebene, damit verhindert werden kann, dass Milliarden von Menschen in ärmeren Ländern der Welt noch Jahre auf einen Impfstoff warten müssen. Es ist Aufgabe der Staatengemeinschaft, mit klaren Regeln, verbindlichen Vorgaben und robusten Garantien im Rahmen der WHO zu flankieren. Leider ist dies in den vergangen Monaten nur unzureichend geschehen.

Nötig sind folgende Punkte:

  • im Rahmen der Vereinten Nationen, der WHO, der internationalen Impfallianz GAVI und CEPI unter enger Einbeziehung der Zivilgesellschaft eine globale Impfstrategie zu erarbeiten, welche die besonderen Herausforderungen ärmerer Staaten berücksichtigt und jahrelange Verzögerungen bei der Impfstoffverteilung verhindert.
  • Anschubfinanzierungen und Technologie-Transfers, um den Ausbau von bestehenden pharmazeutischen Produktionskapazitäten und Stärkung leistungsfähiger regionaler Verteilungssysteme für Medikamente und Medizinprodukte in Ländern des Globalen Südens zu unterstützen.
  • laufende Bemühungen der WHO zum Aueau eines COVID-19 Technology Access Pools zu unterstützen, und Besitzer geistigen Eigentums im Rahmen von Verhandlungen dazu zu bewegen, ihre Technologien zu teilen – prioritär durch positive Anreize, nur als Ultima Ratio, wenn es nicht anders möglich ist, durch den im Rahmen des TRIPS Abkommens in Ausnahmefällen vorgesehenen Einsatz von Zwangslizenzen.
  • die Initiative Südafrikas und Indiens zur temporären Aufebung des Schutz geistiger Eigentumsrechte des WTO TRIPS Abkommen auf sämtliche Technologien für die Diagnostik, Prävention und Bekämpfung von COVID-19 zu unterstützen.
  • mehr finanzielle Mittel für die internationale Einkaufsplattform COVAX mit dem Ziel bereitzustellen, eine flächendeckende Versorgung mit Impfstoffen sicherzustellen.
  • eine Spende überschüssiger, also nicht zur Immunisierung der eigenen Bevölkerung benötigter Impfdosen durch reichere Industriestaaten an COVAX zu initiieren.
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